BIOGRAPHIE

Bohumil Eliáš Sr.


Bohumil Eliáš Sr. (geb. 1937 in Nasobůrky bei Litovel, Tschechoslowakei – 2005) steht zwischen zwei Generationen tschechoslowakischer Künstler, die mit Glas arbeiten. An der Glasfachschule in Nový Bor erlernte er 1952 bis 1954 die Glasmalerei. Anschließend gehörte er an der Hochschule für Angewandte Kunst in Prag zu den letzten Schülern von Josef Kaplický, der 1963 starb. Eliáš war noch zu jung, um an den Auslandsausstellungen am Ende der 1950er Jahre mitzuarbeiten, welche die internationale Aufmerksamkeit auf das tschechoslowakische Glas lenkten und stark von Schülern Kaplickýs geprägt waren. Für die von Stanislav Libenský, Kaplickýs Nachfolger an der Hochschule für Angewandte Kunst, und seiner Frau Jaroslava Brychtová initiierte Arbeit mit formgeschmolzenem Glas, die bis heute das Bild des tschechischen Glases prägt, war er nicht empfänglich. Und auch die Arbeit mit optischen Gläsern in der Folge von Václav Cigler und die der Glasmaler um Vladimir Kopecký ließen ihn unberührt.

Von Anfang an arbeitete Eliáš als freier Künstler. In den 1960er und 70er Jahren war er mit architekturbezogenen Arbeiten sehr erfolgreich. Vor allem mit Aufträgen für Kirchenfenster wie zum Beispiel für die gotische Marienkirche in Dobřs bei Prag machte er sich einen Namen. Dabei verzichtete er völlig auf Bleiverglasungen. Stattdessen nutzte er geschichtetes Flachglas. Die Scheiben wurden einzeln zugeschnitten und mit kalten Techniken, wie Ätzen oder Sandstrahlen bearbeitet und miteinander verklebt. Je nach Stärke des Glases schimmern die reliefartigen Fenster in verschiedenen Grüntönen. Das weiche Licht akzentuiert die Innenausstattung der Kirche, während ihre moderne Gestalt gleichzeitig einen Kontrastpunkt darstellt. Parallel malte und zeichnete Eliáš – allerdings nicht auf Glas. Gelegentlich entstanden auch kleinere Skulpturen aus geschichtetem Glas. Diese Arbeiten hatten jedoch eher einen privaten Charakter.

Das änderte sich in der Mitte der 1980er Jahre, als er wieder anfing, Glas zu bemalen. Das war überraschend, galt doch die Glasmalerei seit den 1960er Jahren als ausgereizt. Ein zentraler Ansatz von Eliáš neuen Arbeiten ist, dass sie nicht als Malerei auf flachem Grund oder auf dekorativem Gebrauchsglas gedacht sind, sondern als Skulpturen. Aufgrund seiner Erfahrungen mit geschichtetem Glas entwickelte er dreidimensionale Plastiken aus verklebten, flachen Glasscheiben, die er bemalte und zum Teil auch mit weiteren Materialien wie aufgebrannten Sand-Farbmischungen, Metallgittern, Draht oder Kollagen mit grafischen Elementen aus Abziehbildern, wie sie in der Porzellanindustrie benutzt werden, kombinierte. Zu Beginn der 1990er Jahre begann er, für diese Arbeiten große Glasscheiben in Formen zu Reliefs abzusenken. Somit konnte er auf das Verkleben von Scheiben verzichten, um standfeste Volumina zu erzielen. Die Arbeiten sind meist abstrakt, enthalten gelegentlich aber auch figürliche Motive. Beides ist durch seine vom abstrakten Expressionismus aber auch der Neuen Figuration geprägte Arbeit auf Leinwand und Papier bereits vorbereitet. Wiederkehrende Themen sind der Clown, die Madonna und der Kosmos. Simeona Hošková sieht in der poetischen Sichtbarmachung des menschlichen Schicksals vor dem Hintergrund des endlosen Kosmos den Leitgedanken dieser Arbeiten. Titel wie „Mosquito Farm“ oder „Wespennest“ deuten aber auch eine humorige Seite im Werk von Eliáš an. Einen Gegenpol zu diesen Arbeiten bilden streng geometrisch geformte Objekte aus verklebten Glasscheiben, die an Architekturmodelle erinnern. Mit allen drei Seiten seines Werks, den Fenstern, den bemalten Skulpturen und den Architekturmodellen, nimmt Bohumil Eliáš eine höchst eigenständige Position
innerhalb des tschechischen Glases ein.
Uwe Claassen

Skulptur: Floh

Achilles-Stiftung