BIOGRAPHIE

Jan Exnar


Jan Exnar (geboren 1951 in Havlíčkův Brod, Tschechoslowakei) war neben Bohumil Eliáš Sr., Jaroslav Matouš und Jaromír Rybák eines der Gründungsmitglieder der 1997 auf Initiative des Kurators und Grafikers Ivo Křen gegründeten Künstlergruppe Rubikon. Die Künstler verbindet keine besondere gemeinsame Arbeitsweise. Darin unterscheiden sie sich durchaus sehr. Gemeinsam ist ihnen das Interesse an der Arbeit mit Malerei und Glas. Mit dem Namen Rubikon verweisen sie auf die sprichwörtlich gewordene Episode der römischen Geschichte, als Julius Caesar im Jahr 49 vor Christus mit seinen Legionen auf Rom zu marschierte und dieser Angriff nach der Querung des Flusses Rubikon unumkehrbar wurde: Den Rubikon zu überschreiten, bedeutet eine Grundsatzentscheidung, die nicht mehr zurückgenommen werden kann. Ivo Křen, so etwas wie der Theoretiker von Rubikon, beschreibt die allen Mitgliedern gemeinsame Grenzüberschreitung. Da ist einmal der Wechsel in der Wahrnehmung von Glasobjekten nicht mehr als Funktions- und Dekorationsgegenständen, sondern als rein bildhauerisch-künstlerische Äußerungen. Und zum zweiten haben sie sich vom Spiel mit der natürlichen Schönheit des Materials Glas, wie es bei den geometrisch bestimmten Arbeiten mit optischem Glas in Reinkultur zum Tragen kommen kann, gelöst, hin zu seinem Einsatz als ganz normales Arbeitsmaterial, dessen tiefer gehende Eigenschaften und Bedeutungen für neue künstlerische Perspektiven erschlossen werden sollen.

Bei der Gründung von Rubikon war Exnar bereits ein international etablierter Künstler. Am Anfang seiner Ausbildung an der Glasfachschule Železný Brod von 1966 bis 1970 stand die Glasbläserei. Während des Studiums an der Hochschule für Angewandte Kunst Prag unter Stanislav Libenský zwischen 1970 und 1975 wandte er sich der Glasmalerei und der Malerei auf Leinwand zu. Später entdeckte er auch das geschnittene und polierte sowie das formgeschmolzene Glas für sich und seine Kunst. Alle drei Bereiche stehen in seinem Werk gleichberechtigt nebeneinander. Seine Malerei auf Glas und Leinwand ist von stark abstrakt-gestischen Zügen geprägt. Im Gegensatz zu diesen kraftvoll expressiven Arbeiten tragen viele von Exnars Glasskulpturen monumentale Züge. Mit seiner Kunst des Weglassens, der Suche nach einfachen Formen und seinem Sinn für stille Harmonie und versteckte Spannung entwickelt er zeichenhafte Objekte von großer Ruhe. Immer wieder befasst er sich dabei mit der Größe des Universums und Übergängen verschiedener Räume und Sphären als Elemente eines geschlossenen Energieflusses. So sind auch seine stark blasigen Bögen aus der Serie „Searching for the Space“ oder das von Islands Geysiren inspirierte „Altur“ zu verstehen. Nähe und Ferne, Einfachheit und Komplexität stehen in diesen Arbeiten in einer Spannung, die vor der Größe des Universums und aller in ihm sich vollziehenden Prozesse ihr Maß findet.

Inspiriert von Symbolen vorgeschichtlicher Völker befasst sich Exnar auch immer wieder mit dem menschlichen Körper und Kopf. Aufs einfachste reduziert können diese Arbeiten eine ins Traumhafte entrückte majestätische Erscheinung annehmen. Aus Alpträumen entsprungen erscheinen in den letzten Jahren entstandene expressive Figuren mit zerfurchten, dramatisch geformten Oberflächen, die innere Konflikte und Emotionen zum Ausdruck zu bringen scheinen. Schönheit und Verwundbarkeit sind zwei wichtige inhaltliche Pole im Werk von Jan Exnar, die vor der Erhabenheit des Universums zu sehen sind.
Uwe Claassen

Skulptur: Altur

Achilles-Stiftung