BIOGRAPHIE

František Janák


František Janák (geb. 1951 in Havlíčkův Brod, Tschechoslowakei) ist 1966 bis 1967 am Glasunternehmen Bohemia in Světlá nad Sázavou zum Glasschleifer ausgebildet worden. An der Glasfachschule Kamenicky Šenov, die er 1967 bis 1971 besuchte, konnte er seine Fähigkeiten vertiefen, so dass er im Anschluss bei der Kunsthandwerkgenossenschaft Výtvarná řemesla in Prag als Schleifer arbeiten konnte. 1975 bis 1981 studierte er unter Stanislav Libenský an der Hochschule für Angewandte Kunst in Prag um danach parallel als Künstler und Glasgestalter für die Industrie tätig zu werden. 1985 bis 1988 war er am Institut für Wohn- und Bekleidungskultur (ÙBOK) in Prag beschäftigt und nach der “Samtenen” Revolution auch von 1993 bis 1995 am ÙBOK-Nachfolger LINEA.

Bereits während seines Studiums bei Libenský konnte Janák zeigen, dass die künstlerische Arbeit mit geschliffenem farblosen Glas mehr Potential besitzt, als nur die Verfremdung und Verzerrung des umgebenden Raumes durch variierende Anwendung optischer-physikalischer Gesetzmäßigkeiten der Lichtbrechung, wie sie durch die Cigler-Schule in den 1970er Jahren führend war. Sein Werk war von Beginn an geprägt von der Inspiration durch gegenständliche Themen, die er abstrahierend darstellte.

In den ersten Jahren waren es vor allem architektonische Elemente, aus denen Janák seine künstlerische Sprache entwickelte. Er stellte leicht variierende Säulen zu Gruppen zusammen, um deren Formbeziehungen zueinander zu untersuchen. Dafür nutzte er zumeist nicht optisches, also nahezu blasenfreies Glas, sondern in der Glashütte in Holzmodeln gegossene Rohlinge. Sie weisen ein Innenleben von Blasen und Schlieren auf und da er nicht alle Außenwände schliff und polierte, entstand ein spannungsreicher Kontrast zwischen belassenen und bearbeiteten Flächen. Auch konstruktive Aspekte interessierten ihn in dieser Phase: Die Einzelteile verklebte er nicht miteinander, sondern formte bei Torbögen und anderen Konstellationen Lager, in denen die Einzelteile lose hineingelegt werden. Von den Torbögen kam Janák auf ein figürliches Thema: den weiblichen Unterleib. Pavla Drdácká sieht in diesen Skulpturen von Oberschenkeln, Schößen und Hüften “‘Idole der modernen Zivilisation”. Am Ende der 1980er Jahre begann Janák auf der Suche nach neuen Wegen, figürliche Büsten in Holzstöcken zu gießen.

Nach einer Gastprofessur in Japan verlegte sich Janák überwiegend auf Formschmelztechniken. Miroslav Klivar versteht sein seitdem entstandens jüngere Werk im Sinne eines mythischen Surrealismus, der durch die ästhetische Erfahrung von Leere und Stille in japanischen Meditationsformen beeinflusst ist: Ins Phantastische überhöhte Tierköpfe wie Widder, dämonische Wasserspeier, Chiffren für extreme Landschaftsformen wie Eisberge und Himalajaregionen oder Boote würden aus den Tiefen des Unterbewusstseins hervortreten und zu Blüten mythischer Weisheit gerinnen.

Seit 1988 war Janák vielfach als Gastdozent an internationalen Hochschulen und Glasprogrammen tätig. Von 1998 bis 2000 und von 2003 bis 2006 leitete er die Abteilung Glasschnitt an der Glasfachschule in Kamenicky Šenov, der 1856 gegründeten weltweit ältesten Schule ihrer Art, deren Direktor er dann wurde. In seiner Zeit an dieser Schule hatte Janák in erheblichem Maße mit dem Niedergang der tschechischen Glasindustrie zu kämpfen. Auch sie bekam nun die preisgünstiger produzierende asiatische Konkurrenz zu spüren. Die Produktion wurde immer weiter automatisiert. Der Bedarf an umfassend ausgebildeten Arbeitskräften, wie sie die Glasfachschulen heranziehen, wurde kleiner. Als im benachbarten Nový Bor “Crystalex”, einer der ehemals weltweit größten Glasbetriebe, 2008 die Produktion einstellte, stieg die Arbeitslosigkeit in der Region auf über 20 Prozent. Im Folgejahr brachen die Anmeldezahlen für die Glasfachschule ein und ihre Schließung wurde beschlossen. Im Bewusstsein, dass die Blüte des tschechischen Glases im 20. Jahrhunderts auch auf der handwerklich-kreativen Ausbildung der Glasfachschulen beruhte und einmal zerstörte Strukturen nur schwerlich wieder aufzubauen sind, wehrte sich Janák mit einem international verbreiteten Appell. Aufgrund der beachtlichen Reaktion wurde die Schließung der Schule zurückgenommen – Janák aber unter fadenscheinigen Gründen seines Amtes enthoben. 2014 war er an der Gründung des Glaszentrums Hut František in Sázavě beteiligt, einem Ort südostlich von Prag außerhalb der klassischen tschechischen Glasregionen. In einer ehemaligen Glashütte wurden Arbeitsmöglichkeiten für fast alle Glastechniken eingerichtet. Hier werden Kurse angeboten, die allen Interessenten, auch Laien, offen stehen. Gestalter und Künstler können sich einmieten und ihre Arbeiten mit Hilfe erfahrener Handwerker und Techniker realisieren. Und auch die Sammlung von Objekten der Internationalen Glassymposien in Nový Bor, von einer Stiftung aus dem Besitz des niedergehenden Betriebs Crystalex angekauft, wird hier der Öffentlichkeit präsentiert. Ziel ist es, die Begeisterung am Glas am Leben und Know how im Land zu halten.
Uwe Claassen

Achilles-Stiftung