BIOGRAPHIE

Vladimír Jelínek


Vladimír Jelínek (geb. 1934 in Žižice bei Slaný, Tschechoslowakei) ist wie viele der tschechischen Glasgestalterkollegen seiner Generation sehr vielseitig. Seine Ausbildung an der Glasfachschule in Kamenický Šenov begann er 1949 als Glasmaler und beendete sie in 1952 der Gravurklasse. Das Studium bei Josef Kaplický an der Hochschule für Angewandte Kunst in Prag von 1952 bis 1958 war stark künstlerisch orientiert und umfasste neben den Glastechniken vor allem Malerei und Skulptur. Nach dem Abschluss arbeitete Jelínek als fest angestellter Glasgestalter zuerst von 1961 bis 1964 beim Glaswerk Moraské sklárny in Karolinka und dann über lange Jahre mit einer fünfjährigen Unterbrechung von 1966 bis 1997 am Institut für Wohn- und Bekleidungskultur (ÚBOK) in der Abteilung Glas.

Während des Studiums noch entwickelte Jelínek in Projekten mit der Glashütte Škrdlovice Entwürfe für am Ofen gearbeitetes Glas. In die Produktion aufgenommene Teller scheinen wie mit einer breitlinigen, spontan-gestischen Malerei dekoriert worden zu sein. Die kleine Hütte in Škrdlovice war solch künstlerischen Entwürfen gegenüber viel aufgeschlossener als die großen Staatsbetriebe. Auch von Jelíneks am Hüttenofen gearbeiteten Vasen der 1950er und 60er Jahre korrespondieren viele mit der abstrakten westlichen Malerei dieser Zeit. In Kleinauflagen wurden solche Arbeiten für die großen internationalen Ausstellungen wie den Triennalen in Mailand oder den Weltausstellungen produziert. Hier galten sie als eine Sensation. In die Massenproduktion wurden sie jedoch wegen der aufwendigen Arbeitstechniken und als gering eingeschätzter Absatzchancen nicht aufgenommen. In der tschechischen Glasgestaltung war diese Aufnahme abstrakter westlicher Kunst in den Entwurfszentren vielleicht gerade wegen der Fraglichkeit der Aufnahme in die Serienproduktion im Rahmen einer Nischenexistenz möglich – in der akademischen Malerei war sie als Formalismus diskreditiert. Diese Objekte sind Teil des kontinuierlichen Weges des tschechischen Glases weg vom Gebrauchsgerät und hin zur autonomen Skulptur. Sie orientieren sich zwar noch an der Form der Vase – doch ist ihnen meist keine praktische Funktionalität mehr eigen: Die viel zu kleinen Öffnungen sind eher rudimentäre Erinnerungen an den handwerklichen Prozess als für die Aufnahme von Blumen oder Zweigen geeignet, wie Helmut Ricke schreibt.

Während seiner langjährigen Tätigkeit als Gestalter für das Zentrale Institut für Wohn- und Bekleidungskultur, Abteilung Glas lieferte Jelínek insbesondere Entwürfe für Karlovarské sklo (Moser) in Karlsbad und Crystalex, einem Großbetrieb für Gebrauchsglas. Seine dickwandigen, stark farbigen, künstlerisch orientierten Hüttengläser arbeiten mit Oberflächenriffelungen und geschliffenen Linsen als Durchblick. Zudem entwarf er regelmäßig Tafel- und andere Gebrauchsgläser. Den ihm 1969 in Darmstadt vom Institut für neue technische Formen verliehenen 1. Preis für ein maschinengefertigtes Trinkglas hält Jelínek für einen der wichtigsten Preise, den er erhalten hat. Daneben war er auch als Maler, Grafiker und Fotograf tätig.
Uwe Claassen

Achilles-Stiftung