BIOGRAPHIE

Kosta Glasbruk


Kosta Glasbruk, 1742 in Småland, Schweden gegründet, ist die älteste Glashütte im Land, die bis heute ununterbrochen in Mundblastechniken arbeitet. Der Name bezieht sich nicht wie so oft in Schweden auf einen Ort, sondern setzt sich aus den Anfangssilben der Namen der Gründer, KOskull und STAël zusammen. Lange Zeit wurde vor allem einfaches Gebrauchsglas gefertigt. 1897 wurde hier erstmals in Schweden mit Gunnar Wennerberg (1863-1911) ein Künstler für die Entwicklung von Entwürfen engagiert. Zunächst am französischen Jugendstilglas orientiert, galt die Hütte bald darauf als eine der führenden des Landes. Nachdem der Konkurrent Orrefors ebenfalls in die Kunstglasproduktion eingestiegen war und seit 1916 mit der Einstellung der Künstler Carl Gate und Edward Hald von Erfolg zu Erfolg eilte, schwenkten alle schwedischen Glashütten in diese Linie ein. Während viele kleinere Betriebe Orrefors mehr oder weniger kopierten, gelang es Kosta, eine eigene Linie zu finden. Das galt insbesondere für die Zeit von 1929 bis 1950, als Elis Berg künstlerischer Leiter bei Kosta war, und noch viel mehr unter Vicke Lindstrand, der ihm bis 1973 in dieser Position folgte.

Vicke Lindstrand (geb. 1904 in Göteborg, Schweden – 1983) war nach dem Besuch der Schule des Kunstgewerbevereins Göteborg von 1924 bis 1928 erst für Orrefors tätig. Bis 1940 entwarf er hier Gebrauchs- und Kunstglas. An der Entwicklung der Ariel-Gläser war er maßgeblich beteiligt. Helmut Ricke sieht ihn als „Prototyp des Künstler-Designers“, als „Mann der Zukunft“. Und dennoch trennte sich Orrefors 1940 von ihm, nicht ohne ihm vertraglich zu untersagen, die nächsten zehn Jahre Glas zu entwerfen. In dieser Zeit arbeitete er als künstlerischer Leiter für die Keramikfabrik Uppsala-Ekeby.

1950 kam Lindstrand zu Kosta. Mit einem sicheren Gespür für die Zeitströmungen entwickelte er in kürzester Zeit ein neues Produktionsprogramm, das ganz im Sinne einer absatzorientierten großen Manufaktur künstlerische Linie und die Wünsche eines großen Käuferkreises zu verbinden wusste. Lindstrand war mit seinen Entwürfen ein wichtiger Motor für die Entwicklung des berühmten skandinavischen Designs, das sich durch schlichte Eleganz, Funktionalität und lebensfrohe Farbigkeit auszeichnet. Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal seiner neuen Arbeit zu Orrefors ist sein Interesse, Objekte ohne Zwischenkühlung und Kaltbearbeitung direkt am Ofen zu fertigen. Hierfür setzte er venezianische Fadenglastechniken ein, die in Schweden zuvor unüblich waren. Berühmt sind seine dickwandigen Gläser, die Naturstimmungen aufgreifen: Zwischen mehreren Schichten aus farblosem Glas ist der Dekor mit kräftigen Farbglaszapfen aufgeschmolzen. Diese Gläser können als eine Antwort auf die Graal- und Ariel-Gläser von Orrefors gesehen werden. Bis 1973 war Lindstrand künstlerischer Leiter bei Kosta und blieb auch danach in dem kleinen Ort wohnen.

Göran Wärff (geb. 1933 auf der Insel Gotland, Schweden) , absolvierte 1956 bis 1959 ein Architekturstudium in Stockholm, Braunschweig und Ulm. Anschließend arbeitete er bis 1964 als Glasdesigner bei Pukebergs Glasbruk in Nybro. Seitdem ist er mit Unterbrechungen in fester Anstellung oder freier Tätigkeit für das Kosta tätig.

Wärff gilt heutzutage als Nestor des schwedischen Glasdesign, das er in den letzten Jahrzehnten maßgeblich mit geprägt hat. Während seiner Ausbildung in Deutschland zum Architekten lernte er die Lübeckerin Ann Schaefer kennen. 1960 heirateten sie und gingen als Designer nach Schweden. Von den funktionalen Ideen der Bauhausschule geprägt, entwarfen sie gemeinsam neue Modelle für die laufende Produktion, hatten aber auch viel Gelegenheit zu experimentieren und wurden für ihre Arbeit 1968 mit dem renommierten Lunning-Preis ausgezeichnet. 1972 trennten sich die beiden. Seine Frau konnte sich mit dem Namen Ann Wolff als mit Glas arbeitende Künstlerin einen internationalen Ruf erarbeiten. Göran Wärff trieb es in der Folge einige Jahre in die Welt hinaus. Lehrtätigkeiten in Australien und England standen neben freien Aufträgen für Design. 1984 kehrte er zum inzwischen als Kosta Boda firmierenden Unternehmen zurück. Wärffs Arbeit ist von Natureindrücken inspiriert, denen er im wald- und wasserreichen Schweden begegnet. Insbesondere das Spiel des Lichts interessiert ihn. Mit seinen Gläsern möchte er einen Raum für das Licht, die Wärme und die Sinnlichkeit schaffen. Die klaren Formen seiner Arbeiten sind entsprechend immer wieder durch präzise gesetzte Schnitte und Schliffe geöffnet, so dass das Licht auf vielfältigste Art eingefangen und reflektiert wird und sich beim Betrachten ständig neue Eindrücke ergeben. Zahlreiche Aufträge für die Gestaltung öffentlicher Räume, zum Beispiel für die Oper in Sydney, zeigen, wie Göran Wärffs Kreativität sich nicht nur auf das Entwerfen von Glas beschränkt.

Die großen Erfolge seit den 1920er Jahren hatten die schwedische Glasindustrie enorm wachsen lassen, insbesondere in Småland, wo zahlreiche Hütten das „Glasreich“ bilden. Trotz der herausragenden Qualität hat das schwedische Glas schon seit den 1960er Jahren am Weltmarkt zu kämpfen. Es kam immer wieder zu Schließungen und Zusammenlegungen von Glashütten, die immer größere Unternehmen entstehen ließen. Die Glashütten Kosta, Boda und Åfors schlossen sich zu Kosta Boda zusammen, zur zeitweilig fünftgrößten Glasmanufaktur der Welt mit etwa 1000 Mitarbeitern. 1989 wurde Kosta Boda von Orrefors übernommen, das beide Marken mit eigenständigen Programmen weiterbestehen ließ. Seit 2005 sind sie Teil der New Wave Group, die unter Weiterführung der Markennamen in immer kürzeren Abständen Personal entlässt, Produktionen zusammenlegt und ganze Standorte schließt. Im Glasreich wird seit 2013 nur noch die Kosta-Hütte eigenständig betrieben. Herausragendes Design und beste Fertigungstechniken können die hohen Kosten nicht mehr ausgleichen. Große Teile des Sortiments werden im Ausland produziert.
Uwe Claassen

Achilles-Stiftung