BIOGRAPHIE

Gabriele Küstner


Gabriele Küstner (geb. 1958 in Göttingen, Deutschland) lernte bereits während ihrer Ausbildung zur Glasschleiferein und -ätzerin an der Glasfachschule Hadamar zwischen 1981 und 1984 Mosaiktechniken kennen: Abschnitte segmentierter Glasstäbe werden dabei zu Mosaiken ausgelegt und miteinander verschmolzen. Die so entstandenen Glasplatten werden nach einem Zwischenschliff in einem zweiten Ofengang zur beabsichtigten Form abgesenkt und anschließend schlifftechnisch nachbearbeitet. Der in den 1950er Jahren ebenfalls in Hadamar ausgebildete Klaus Moje hatte diese in ihren Grundzügen antike Technik in den 1970er Jahren für sich entdeckt und war mit seinen Arbeiten in den 1980er Jahren zu einem bedeutenden Anreger für die weltweite Nutzung dieser Arbeitsweise geworden. Obwohl gerade Lehrer wie Willi Pistor und Josef Welzel ihren Schülern und Studenten auch eine Sicht auf die künstlerischen Möglichkeiten des Mediums Glas zu eröffenen suchten, waren die Glasfachschulen in Deutschland letzten Endes auf die Ausbildung von Gestaltern und Arbeitern für die Glasindustrie ausgerichtet. Wer hier weitergehen wollte, mußte ein hohes Maß an Eigeninitiative entwickeln. Gabriele Küstner ist diesen Weg gegangen. Nach dem Abschluß ihrer Ausbildung in Hadamar ging sie als Assistentin von David Huchthausen in die USA und lernte die dortige vitale Studioglas-Szene kennen. Hier belegte sie 1985 auch Kurse an der von Dale Chihuly mitbegründeten Pilchck School for Glass.

1986 kehrte Küstner nach Deutschland zurück und richtete sich erst bei und dann in Göttingen eine eigene Werkstatt ein, wo sie zu einer unverwechselbaren Formensprache fand. An zentralen Stellen stehen dabei der Umgang mit der Farbe, die innere Wabenstruktur der Arbeiten und die schlifftechnische Bearbeitung der Oberflächen. „Farbe war schon immer wichtig für mich“, sagt sie. Gabriele Küstner erkundet mit ihren Arbeiten Farbräume. Sie tut das aber anders als etwa Klaus Moje, der mit Stäben aus durchgefärbter Glasmasse arbeitet, sondern sie nutzt dafür farblose, runde Glasstäbe unterschiedlichen Durchmessers, die sie mit hitzebeständiger Farbe bemalt. Gelegentlich arbeitet Küstner mit Vergoldungen und dunklen Farbtönen, häufiger jedoch mit den klaren Grundfarben und ihren Varianten. Beim Verschmelzen der Mosaikstücke weicht das Glas auf und füllt die Zwischenräume, so dass eine unregelmäßige, auf die Gesamtfläche bezogen aber doch ruhig wirkende Wabenstruktur entsteht. Zum Teil trennt sie die so entstandenen Glasplatten in Streifen, dreht die Abschnitte um 90 Grad und verschmilzt sie erneut zu ihren „gefälteten Strukturen“: Bei den ersten sieht man in der Aufsicht durch die Waben hindurch, bei den zweiten fällt der Blick auf die schräg aufsteigenden und abfallenden farbigen Wände der aufgeschnittenen Waben innerhalb der farblosen Glasmasse. Meist bearbeitet Künstner die Oberflächen mit verschiedenen Schlifftechniken. Zum Teil entstehen dabei tief eingearbeitete Strukturen. Wie bei den verschieden positionierten Laufrichtungen der Waben entstehen durch die Oberflächenstrukturen mit ihren unterschiedlichen Lichtbrechungen verschiedene Farbwirkungen eines einzigen tatsächlich eingesetzten Farbwertes. Diese Möglichkeit der Farberkundung bietet der Kunst allein das Glas. Am deutlichsten wird das bei Küstner in ihren bis zu 2 Meter großen Wandarbeiten, in denen sie verschiedene Farbabstufungen in mehreren Paneelen nebeneinanderstellt. Daneben fertigt sie mit ihren Methoden auch Deckeldosen und Vasen.
Uwe Claassen

Skulptur: Schale

Skulptur: Schale

Skulptur: Schale

Achilles-Stiftung