BIOGRAPHIE

Václav Machač


Václav Machač (geb. 1945 in Kamenice nad Lipou, Tschechoslowakei) ist bekannt für seine Porträtbüsten von Sportlern und Pferden. Sie sind die immer wiederkehrenden Themen in seinem Werk. In der so facettenreichen Glaskunstlandschaft der Tschechoslowakei und der Tschechischen Republik stellen diese Arbeiten thematisch wie technisch einen absoluten Solitär dar. Mit seinem “von Jahr zu Jahr stärker werdenden Ausdruck” gehört Machač für Sylva Petrová “zu den wichtigsten Künstlern der 1980er und 90er Jahre”.

Während Machačs Ausbildung an der Glasfachschule in Železný Brod zu Beginn der 1960er Jahre dominierte technisch gesehen noch das am Hüttenofen geblasene Glas die künstlerische Arbeit. Funktionsobjekte wie Vasen verloren z.B. durch zu kleine Öffnungen ihre Funktion und wurden skulptural aufgefasst. In den Folgejahren wurde es von geschliffenen Glasblöcken abgelöst. Václav Cigler und seiner Schule folgend waren das meist abstrakt-geometrisch ausgerichtete Arbeiten. Die Schüler Stanislav Libenskýs an der Hochschule für Angewandte Kunst, bei dem Machač 1965 bis 1971 studierte, griffen das auf, orientierten sich thematisch zum Teil aber an einer stark abstrahierenden figurativen Haltung wie z.B. bei Vladimír Kleins “Blumenstrauß”. Hier setzt das Werk von Machač ein. Auf der Wanderausstellung “Böhmisches Glas der Gegenwart 1973” war er mit abstrahierten Köpfen von Menschen und Pferden beteiligt, allerdings nicht aus einem Glasblock herausgeschliffen, sondern am Hüttenofen in eine Form geblasen und mit kalten Techniken wie Schliff und Mattierungen nachbearbeitet.

Als in den 1980er Jahren Formschmelztechniken die Vorherrschaft erhielten, blieb Machač als einer der wenigen Künstler seiner Generation neben Jiří Šuhájek dem Hüttenglas treu. Beide arbeiten figürlich. Šuhájeks großformatige Skulpturen setzen auf die detailarme Dynamik frei geblasenen und geformten Glases. Machač geht ganz anders vor: Er formt Modelle aus Ton und nimmt davon eine Gipsform ab, in die er das Glas hinein bläst. So erzielt er feine Details in der Gestalt der Skulptur und ihrer Oberflächenstruktur, die er durch Kaltbearbeitungen, vor allem Schliff, Gravur, Sandstrahlen und Farbaufträge, weiterentwickelt und kontrastiert. Während sein Umfeld der Abstraktion treu blieb, schuf Machač so eine immer stärker naturalistisch werdende Ausdrucksweise, mit der er im Glas sonst nicht übliche psychologisch differenzierte Inhalte auszudrücken vermag.

Für diese Entwicklung wichtig war eine Reise ans Mittelmeer 1981. Hier lernte Machač das Vermächtnis der antiken Kulturen aus eigener Anschauung kennen. Mit Arbeiten wie “Antike Trümmerfragmente”, “Kopf eines Etruskers” oder “Griechischer Krieger” setzte er sich mit diesem Höhepunkt menschlicher Kunst auseinander und fand zu seinem eigenen Ausdruck. Machačs Thema wurden die Ausnahmesituationen, die existenziellen Grenzerfahrungen, in denen sich Sportler und Tiere vor, im und nach dem Wettkampf befinden: hochkonzentriert unter innerer Anspannung, in hoher Geschwindigkeit, den Risiken der Naturgewalten ausgesetzt, körperlich erschöpft, befreit jubelnd im Sieg, hilflos in der Niederlage. Das Glas ist mehrschichtig aufgebaut bevor es in die Form geblasen wird. Farbloses und bisweilen stark farbiges Glas ist dabei meist von dunklem, fast schon schwarzem ummantelt. Der Einblick in die Tiefe des Materials wird überwiegend durch Mattierungen und Bemalungen verdeckt und ist meist nur im Gesichtsbereich möglich. So entsteht ein Kontrast zwischen dem äußeren, bisweilen grell farbigem Ausdruck und einem Blick in das Innere, gleichsam in die Seele der Porträtierten, wie es nur mit dem Material Glas möglich ist. Machač ist es mit den Techniken der Glashütte gelungen, “neue Ausdrucks- und Bedeutungsebenen des Bildhauerwerkes” zu finden, wie Jan Kříž schrieb. Verdichtet dargestellt sind diese Themen in Porträtbüsten von Boxern, Bergsteigern, Radfahrern, Jockeys und Pferden. Die Konzentration auf das Antlitz vermeidet jegliche Ablenkung vom Kern der Aussage. Sie schließt zudem an den antiken Fragmenten an und verweist analog zum Aufstieg und Niedergang ganzer Kulturen auf die Leistungen des einzelnen Geschöpfs, egal ob Mensch oder Tier, die hart erarbeitet werden müssen und nur kurze Zeit Bestand haben. Ivo Křen sieht in diesen Arbeiten eine Faszination für die Kraft der dynamischen Bewegung, für Freiheit und damit auch für die in ihnen liegende Anmut und Schönheit. Seine Erfahrungen gab Václav Machač von 1977 bis 2010 als Lehrer und künstlerischer Leiter der Abteilungen Hüttenglas, Gravur und Schliff der Glasfachschule Nový Bor an junge Menschen weiter.
Uwe Claassen

Achilles-Stiftung