BIOGRAPHIE

Nuutajärvi


Nuutajärvi (gegründet 1793) ist die älteste finnische Glasmanufaktur. Produziert wurde und wird vor allem Gebrauchs- und zeitweilig auch Fensterglas. Nach der völligen Zerstörung der Hütte durch einen Brand im Jahr 1950 erfolgte ein Wiederaufbau. Unter Kaj Franck, der von 1951 bis 1976 als Designer und künstlerischer Direktor hier tätig war, nahm die Hütte einen enormen Aufschwung. Mit modern gestaltetem Gebrauchglas erlangte Nuutajärvi Weltgeltung. 1988 erfolgte die Fusion mit Iittala, der zweiten bedeutenden Glashütte in Finnland.

Oiva Toikka (geb. 1931 in Viipuri, Karelien, Finnland) ist wie alle herausragenden skandinavischen Glasdesigner sehr vielseitig. Von der Keramik herkommend wechselte er nach einer Episode als Textildesigner 1963 zu Nuutajärvi ins Glas. Nebenher schuf er Bühnenbilder und Kostüme für das Finnische Nationaltheater und die Oper, um von 1985 an auch wieder Keramik zu gestalten. Nach Gestaltern wie Kaj Franck, Tapio Wirkkala oder Timo Sarpanevra, die das finnische Glas durch ihr Design zu Weltruhm brachten, gehört Toikka zu einer jüngeren Generation. In seiner Abkehr vom Funktionalismus ist er viel radikaler als seine Vorgänger. Sie sahen sich als Designer, die Ausflüge in die Kunst machten – Toikka sieht sich demgegenüber als Künstler, der auch designt. Das gibt ihm mehr Freiheit. Als seine Bühnenausstattungen und Kostüme als barock kritisiert wurden, sagte er, dass „barock“ genau das richtige Wort sei, um auch sein Design und seine Kunst zu beschreiben, schließlich steht es in einer seiner ursprünglichen Bedeutungen für eine „unregelmäßige Perle“.

Unregelmäßigkeit und Opulenz sind zwei wichtige Kennzeichen von Toikkas Arbeit. Aus der Natur und der Volkskunst bezog er dabei viel Inspiration. Eine seiner ersten Gebrauchsglasserien für Nuurtajärvi war „Kastehelmi“ (Tauperle): Teller, Schalen und Leuchten sind mit Ringen von kleinen Perlen dekoriert. Sie wurden ein Klassiker, von 1964 bis 1988 produziert und 2010 wieder ins Programm von Iittala genommen. Bei Toikka erhält die Farbe auch wieder mehr Bedeutung. 1966 greift er mit der Vase „Bambut“ ein Thema auf, das Tapio Wirkkala bereits 1952 mit farblosem Glas und Kammschliffdekor recht naturalistisch angegangen war. Bei Toikka zeugen die Farbigkeit und das unregelmäßige Verbinden der unterschiedlichen Gläser davon, von der Inspiration zu einer freieren Gestaltung zu gelangen. Auch von der Pop Art ließ sich Toikka inspirieren. Seine „Lollipops“ sind unbekümmerte, abstrakte Spielereien mit den Grundfarben, die in farblosem Glas zu schweben scheinen. Bereits in den 1960er Jahren ging er dazu über, diese Arbeiten zu Kuben zu schleifen. Seit 1977 gibt es diese kleinen Mikrokosmen als limitierte Jahreskuben. Toikka hat sie aber auch zu großen Skulpturen zusammengefügt. In ihrer stets neu zu entdeckenden üppigen Kleinteiligkeit wirken sie geradezu exotisch und bisweilen skurril. Die in der Breitenwirkung bekanntesten Arbeiten von Ovia Toikka sind jedoch seine Vögel. Seit 1972 hat er über 400 verschiedene Entwürfe von ihnen für Iittala geliefert, die weltweit Sammler begeistern.
Uwe Claassen

Achilles-Stiftung