BIOGRAPHIE

Vratislav Šotola


Vratislav Šotola (geb. 1931 in Heřmanův Městec, Tschechoslowakei) gehört zu den Glasgestaltern in der Tschechoslowakei, die überwiegend für die Industrie gearbeitet haben. Nach der Verstaatlichung der Glasindustrie nach dem Zweiten Weltkrieg gab es die Idee, künstlerisch ausgebildete Entwerfer an einem Institut zusammenzufassen, um die großen Glashütten von dieser Stelle aus zentral mit neuen und künstlerisch wertvollen Entwürfen zu versorgen. Aber erst 1951 wurde hierfür das künstlerische Institut für das Glas- und Keramikgewerbe (ÚVS) gegründet, das 1959 im Zuge einer Umstrukturierung im Institut für Wohn- und Bekleidungskultur (ÚBOK) aufging. Diese Institute waren wichtig für die Vorbereitung der großen internationalen Ausstellungen, die das neue tschechische Glas um 1960 herum weltberühmt machten. Die meisten der hier entstandenen künstlerisch orientierten Entwürfe gelangten jedoch nie in die Serienproduktion, weil die Industrie in den aufwendig zu fertigenden Stücken ein zu großes wirtschaftliches Risiko sah. Zahlreiche Künstler wandten sich daraufhin vom Institut ab. Wer jedoch auch in der Gestaltung vom Gebrauchsglas seine Aufgaben sah, in der Verbindung der Notwendigkeiten industrieller Produktion mit künstlerischen Qualitäten, fand hier ein großes Betätigungsfeld.

Vratislav Šotola gehört zu den Gestaltern, die diesen Weg gegangen sind. Von 1946 bis 1949 hatte er die Glasfachschulen Kamenický Šenov und Nový Bor besucht und anschließend studierte er bis 1954 in der Glasklasse von Josef Kaplický an der Hochschule für Angewandte Kunst in Prag. 1958 kam er ins Zentrum für Entwurf und technische Entwicklung beim Glaswerk Borské sklo in Nový Bor. Den größten Teil seines Berufslebens war er dann ab 1962 am ÚBOK beschäftigt, wo er verschiedenen Tätigkeiten nachging: als Designer für Glas und Keramik, als Organisator, Theoretiker und als Kritiker. Seine Entwürfe für maschinenproduziertes Pressglas sind funktional orientiert – ausgestattet, wie in Nachrufen geschrieben ist, mit einer „unglaublich schönen Poesie“. Helmut Ricke sieht seine frühen Entwürfe für Gebrauchsglas auf einer Augenhöhe mit denen finnischer und schwedischer Designer der 1950er und 60er Jahre. Aber auch für die künstlerisch orientierte handwerkliche Produktion lieferte er Entwürfe. Aufsehenerregend sind seine in den 1970er Jahren entstandenen Vasen und Schalen. In mehrfarbiger Überfangtechnik gefertigte Gefäßkörper sind durch Glasschnitt mit Wellenbändern und geometrischen Figuren versehen. Bisweilen muten sie wie ein plastischer Reflex auf die Malerei und Grafik der westlichen Op-Art an.

1979 wechselte Šotola zum Glaswerk Sklo Union – OBAS in Teplice um 1989 zurück zu ÚBOK bzw. seinem postsozialistischem Nachfolger LINEA zu gehen.
Uwe Claassen

Skulptur: Vase

Skulptur: Vase

Achilles-Stiftung