BIOGRAPHIE

Jaroslav Svoboda


Jaroslav Svoboda (geb. 1938 in Sokoleč bei Poděbrady, Tschechoslowakei) war viele Jahre lang auf verschiedenen Ebenen überaus einflussreich für das Glas in der ČSSR. Nach der Ausbildung zum Glasschneider an der Glasfachschule in Železný Brod zwischen 1953 und 1957 fand er eine Anstellung in der Werkstatt für Glasschnitt am Zentrum für Kunsthandwerk (ÚUŘ) in Prag. Schnell wurden seine handwerklichen Qualitäten und die Fähigkeit, jegliche Herausforderungen zu meistern, erkannt. Nachdem der Leiter der Abteilung in den Ruhestand ging, wurde Svoboda noch in jungen Jahren zu seinem Nachfolger ernannt. Nebenbei studierte er an der Karls-Universität Geschichte. 1969 trug man ihm die Leitung der Glashütte Škrdlovice an. Diese Hütte hat für das Glas der ČSSR eine besondere Bedeutung. In der Nachkriegszeit hatten die großen Staatsbetriebe kein Interesse an einer Übernahme des für sie zu kleinen Betriebs. Er entging nur knapp der Schließung und wurde für die Erarbeitung von Mustern und für Experimente erst dem Zentrum für volkstümliche und künstlerische Produktion (ÚLUV) und 1957 dem Zentrum für Kunsthandwerk (ÚUŘ) zugeordnet. Durch die Zusammenarbeit mit Künstlern und der Hochschule für Angewandte Kunst in Prag mauserte sich Škrdlovice zum wichtigsten Kreativzentrum für die Entwicklung des mundgeblasenen Glases im Land. Zudem konnten Künstler hier auch Unikate und Kleinserien fertigen lassen. Jaroslav Svoboda baute dieses Feld weiter aus, indem er gemeinsam mit anderen Gestaltern, insbesondere dem bis 1977 fest angestellten František Vízner, zahlreiche Linien für künstlerisch ambitioniertes Gebrauchsglas wie Vasen oder Schalen kreierte, die in limitierten Auflagen gefertigt wurden. Helmut Ricke zählt diese Produktion zu den bedeutendsten und eigenständigsten Leistungen der europäischen Hüttenglasgestaltung der 1970er Jahre.

Geradezu zu einem Markenzeichen wurden für Svoboda seine geschliffenen Skulpturen, in deren hüttentechnisch gearbeitete Rohlinge große Luftblasen eingestochen sind. In den 1970er und 80er Jahren waren sie in vielen bedeutenden internationalen Glasausstellungen zu sehen. Von großer Bedeutung waren die von Svoboda in Škrdlovice initiierten Glassymposien, bei denen Designer und Künstler gemeinsam arbeiten und sich austauschen konnten. Auch Stanislav Libenský nahm immer wieder an ihnen teil und griff dabei den Entwurf von Gebrauchsglas wieder auf, dem er bereits in den 1940er Jahren nachgegangen war. Nachdem Libenský 1987 aus politischen Gründen aus dem Amt gedrängt worden war, wurde Svoboda sein Nachfolger als Leiter der Glasabteilung an der Hochschule für Angewandte Kunst in Prag. Ohne die von Libenský geprägte künstlerische Orientierung der Hochschulabteilung zu bestreiten, wollte er, wie Antonin Langhamer berichtet, das Interesse der Studenten verstärkt auf das Design lenken und sie schon während des Studiums auf die spätere Zusammenarbeit mit der Industrie vorbereiten. Mit diesem Ansinnen ist er in der nur kurzen Zeit seiner Amtsführung gescheitert. 1990 wurde Svoboda im Zuge der politischen Umwälzungen der Samtenen Revolution als Mitglied der Kommunistischen Partei und Abgeordneter der Bundesversammlung aus seinem Hochschulamt entfernt. In Karlov bei Ždár nad Sázavou errichtete er 1990 eine kleine eigene Glashütte, die er hoch betagt immer noch betreibt.
Uwe Claassen

Achilles-Stiftung