BIOGRAPHIE

Vetreria Fratelli Toso


Pietro Toso (geb. 1798-1862), Produzent von Gebrauchsglas und pharmazeutischem Zubehör in Venedig, hatte eine große Familie. Sechs seiner Söhne folgen ihm beruflich ins Glas und gründeten 1854 die Glasmanufaktur Vetreria Fratelli Toso. Das venezianische Glas steckte damals in einer lang andauernden Krise. Mit den Erfolgen Antonio Salvatis auf den Weltausstellungen der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann sein erneuter Aufstieg und die Brüder Toso hatten Anteil daran. Sie fertigten Gebrauchsglas und Beleuchtungskörper und bemühten sich anhand der Reproduktion historischer Vorbilder um die Erhaltung bzw. Wiederbelebung alter Techniken.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts begannen sie eine umfangreiche Produktion von Millefiori-Vasen nach antikem Vorbild. Farbige Glasstäbe werden dabei zu Mustern gebündelt und miteinander zu Stangen verschmolzen. Diese Stangen werden segmentiert, die einzelnen Teile ausgelegt und dann entweder zu einer Platte verschmolzen, die dann mit der Glasmacherpfeife aufgenommen und weiter geformt wird, oder sie werden mit einer heißen Glasblase aufgenommen. Diese Mosaik- oder Murrinetechnik ist besonders in den 1950er Jahren, den Jahren der bedeutenden internationalen Erfolge des venezianischen Glases in diesem Jahrhundert, in verschiedensten Varianten von vielen Muraneser Manufakturen eingesetzt worden. Und auch Fratelli Toso ist es in dieser Zeit gelungen, mit dieser alten Technik zeitgemäße Gestaltungen zu finden.

Großen Anteil daran hatte der Maler Pollio Perelda (1915-1984), der von 1948 bis 1964 als künstlerischer Mitarbeiter Gläser für Fratelli Toso entwarf. Hervorzuheben sind insbesondere seine Milchglasvasen (Lattimo) und Figuren aus der Commedia dell’Arte für Tafelaufsätze. Zu seinen besten Entwürfen für Fratelli Toso gehören aber die seit 1953 gefertigten „Stellato“-Vasen mit ihren Murrinen mit Sterndekor und Aventurineinschmelzungen und ab 1957 die „Cattedrale“-Vasen, die mit ihrem Kontrast zwischen dunklem Untergrund und farbigem Dekor an die Wirkung von Kirchenfenstern erinnern, bei denen die Leuchtkraft der Farben durch die dunklen Bleistege enorm gesteigert wird.

Mit dem Stagnieren der Innovationsfähigkeit im gesamten venezianischen Glas seit den 1960er Jahren kam bei Fratelli Toso auch langsam der wirtschaftliche Niedergang. Und damit kam auch Streit in den Kreis der Eigentümerfamilie. Es gab Abspaltungen, 1980 wurde die Produktion eingestellt und 1982 erfolgte der Konkurs. Arnoldo Toso, ebenfalls ein Familienmitglied, kaufte das originale Manufakturgebäude und hielt auch den Firmennamen Fratelli Toso am Leben. Heutzutage realisiert das Unternehmen Beleuchtungen für private und repräsentative Räume, es handelt mit antiquarischem Glas und befasst sich mit der Vermarktung der Marke Fratelli Toso.
Uwe Claassen

Achilles-Stiftung